🇦🇱 Albanien zeig mir wer du bist

Ich habe es HIER geschrieben, dass ich also nach einem beeindruckenden aber auch langen Tag in Fushë-Arrës gelandet bin. Die Absicht war es, eine Unterkunft zu finden, da für die kommende Nacht kein gutes Wetter gemeldet war. So bin ich also im Hotel International gelandet. Ein riesiges Gebäude, ein Hotel, dass in dessen Ausmaße nicht wirklich in dieses winzige Dorf passt. Diesen Eindruck vermittelt auch der Zustand des Gebäudes. Zu 80 % steht es leer und wird wohl auch nicht mehr genutzt. Egal wie, die Nacht kostete mich 15 € und ich habe eine warme Dusche und ein eigentlich sauberes Bett.

Der Tag auf dem Rad hat mir doch körperlich einiges abverlangt. So gierte dieser auch nach einem ordentlichen Kalorienausgleich und wer mich kennt… ich genieße bereits die Vorfreude ein großes Abendessen vor mir zu haben, fast genauso wie das eigentliche Essen an sich. Also schnell in dieses Hotel, den Körper zumindest äußerlich von den Spuren des Tages bereinigen, ab in die nichtfahrrad Klamotten und auf Essensjagt.

Um nicht im Restaurant zu sitzen und das Essen, ohne jeglichen Genuss in meinen Rachen zu schmeißen, gibt es oft einen Pre-Sack, welchen ich mir in Form eine Packung Cookies in einem kleinen Markt in der einzigen Straße dieses Dorfes besorgte und verschling. Mit Zeichensprache fragte ich denn Herren in seinem Mini-Markt, wo ich etwas essen könnte. Zu meiner Freude deutete er auf einen Laden direkt auf der anderen Seite der Straße. Cookies in den Bauch und rüber, dachte ich mir. Nachdem ich mich gesetzt habe, bestellte ich erst mal ein Bier, mit dem Gedanken im Kopf „na das habe ich mir doch wohl jetzt erst mal verdient“. Genussvoll und erfrischend hatte ich mein erstes albanisches Bier aus der Dose. Nun schaute ich mich zwischen all den Kaffeetrinkenden Herren im Raum um, ob ich den Inhaber finde, um ihn zu fragen, was es denn zu essen gäbe. Ihn gefunden, war die Antwort kurz: „no food today“… puh ok…

Naja weder er noch der nette Herr aus dem Mini-Markt konnte mir dann sagen wo ich alternativ im Dorf etwas zu essen herbekommen könnte. Ich sah mich schon mein Notfall-Gericht auf meinem Gaskocher im Zimmer kochen, dabei hatte ich mich so auf ein übergroßes Abendessen gefreut.

Kurzum, in einer Cafébar, bekam ich dann, zwar mit etwas seltsamen Blicken, noch ein wenig Fleisch mit Brot und Pommes zubereitet. Auf dem Heimweg habe ich mir dann noch ein Bier und eine weitere Packung Cookies im Mini-Markt geholt. Satt bin ich also schon geworden.

Mit diesem Gedanken, in einem Ort mit scheinbar unzureichender Nahrungszufuhr gelandet zu sein bin ich also am nächsten Morgen aufgewacht. Doch das Wetter da draußen, welches ich eigentlich lediglich in Form von Regen erwartet hatte, zeigte sich in fast schon faustgroßen Schneeflocken, welche in immer zunehmender Menge vom Himmel fielen. Es dauerte dann bis fast 11 Uhr, bis ich entschieden habe eine weitere Nacht in diesem doch recht gemütliche Bett zu bleiben und dem Dorf sowie dem Warmwerden mit der albanischen Kultur, eine weitere Chance zu geben.

Meine erste Anlaufstelle sollte die Bar/Restaurant des gestrigen Abends sein, in welcher in kein Essen bekommen hatte, da mir der sehr einfache und authentische Stil im Grunde doch gut gefallen hat.

Es hat keine 5 Minuten gedauert, bis ich Djoniz den Inhaber und Kleant, seinen Freund bei mir am Tisch sitzen hatte und wir uns mithilfe von Google Translate über Herkunft und sonstige Kennenlernfakten ausgetauscht haben.

Djoniz sagte mir, dass wenn ich möchte, es heute Abend auch etwas zu essen gäbe. Das machte mich dann wohl nocheinmal besser gestimmt und der Tag fing schon deutlich besser an als gedacht. Nachdem ich einen spontanen Ausflug mit Djoniz zu seinem neuen Restaurant gemacht habe, welches er im Oktober eröffnen möchte und er mir unbedingt zeigen wollte, sah ich den Defender der beiden Franzosen des gestrigen Tages durch das Dorf rollen (HIER habe ich die beiden schon einmal erwähnt).

So kam es also zu einem geselligen Kaffee mit den beiden Verrückten, die auf dem Weg in die Mongolei sind.

Was dann geschah, gleicht einem sehr selten vorkommenden Naturereignis: Ich habe mich mitten am Tag bei Djoniz verabschiedet, mit den Worten später am Tag wieder zukommen, mit der Absicht ein Schläfchen im Hotelzimmer zu haben. So einen „faulen Tag“ gibt es bei mir eigentlich nie.

Als hätte Djoniz nur auf mich gewartet, kam er auf mich zu, als ich den Laden wieder betat und fragte mich, ob wir mit seinem Auto einen Ausflug in den Schnee machen wollen. „Na aber logo“ dachte ich mir.

So fuhr ich mit dem stolzen Besitzen eines Mercedes-Benz G Modell, Baujahr 1988 gemeinsam den Berg hoch, vorbei an den beiden größten Wasserfabriken Albaniens.

Der Benz, der sagen wir, besondere Ausstattungen besitzt, welche einst sicherlich nicht auf der Sonderausstattungsliste standen, wurde von Djoniz über die Schlaglöcher bespickten Bergstraßen gejagt, um mich zum einen von dem tollen Vierradantrieb, aber auch von seinen Fahrkünsten zu überzeugen. Als wir dann wirklich im tiefen Schnee angekommen sind, haben wir kurz gehalten, um die Aussicht zu genießen.

Es ging auf den Rückweg. Djoniz deutete mit einem fragenden Blick auf den Fahrersitz und bewegte seine Hände, wie ein Rennfahrer es mit dem Steuer in der Hand machen würde. Ich nickte ihm mit einem Grinsen im Gesicht zurück und das „Heilankommen“ lag nun in meinen Händen. Doch das G Modell ließ sich trotz der recht abgefahrenen Reifen, welche auf original Porsche Felgen aufgezogen waren, gut über die Piste schieben.

Der Abend nahm, nach der unversehrten Ankunft zurück in der Bar von Djoniz seinen Lauf mit einem Abendessen und albanischen Bier. Nachdem wir um ca. 22Uhr die letzten im Laden waren, lies es sich Djoniz nicht nehmen, die maximal 250m mich seinem Benz zum Hotel zu fahren. Ich versprach am nächsten Morgen noch auf einen Espresso vorbeizukommen, um mich zu verabschieden.

An diesem Morgen wurde ich von einigen in der Bar mit einer typisch männlichen, lässigen Handschlag grüßt. Also eine Mischung aus Gleichgültigkeit, Selbstverständlichkeit, aber auch wertschätzender Beiläufigkeit. Einige Finger im Raum deuten auf den freien Platz neben Ihnen, um mich zu bitten mich neben sie zusetzten.

So wurde es also ein Espresso und etwas Frisches vom Bäcker. Den Morgenschnaps konnte ich glücklicherweise ausschlagen, auch wenn es nicht ganz einfach war.

Ich bin in diesem Dorf angekommen, mit dem Gefühl, mich nicht wirklich wohlzufühlen. Verlassen habe ich es mit einer Menge bereichernder Bekanntschaften und vielen an mich gerichtete verabschiedender Winker oder einem nebenläufigem Kopfnicken der Bewohner von Fushë-Arrës und ja es waren wirklich nur Männer. Wenn ich Biologie richtig aufgepasst habe, muss es aber wohl dann zu Hause am Herd oder so wohl auch noch eine Menge Frauen geben, die ich leider nicht kennenlernen konnte.

Zurück aus den Bergen ging es dann durch noch ein paar Anstiege und Abfahrten, bei denen ich recht froh war, dass ich diese gestern nicht bei dem noch immer dort liegenden Schnee bewältigen musste.

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Kommentare

10 Antworten zu „🇦🇱 Albanien zeig mir wer du bist“

  1. Lena

    Wow…ich wollte immer weiter lesen…das klingt so spannend, bereichernd und wunderbar aufregend 🙂

    1. Die Geschichten die das Leben schreibt 🙂

  2. Hoddi

    G-Model mit Porsche Rädern .
    So was geht im durchregelten Deutschland nicht.
    Schade😂
    Immer super netten Menschen zu begegnen👍🚴‍♀️

    1. Ja er war auch sehr stolz auf diese durch und durch deutsche Kombination

  3. Deine….M

    Mir stehen Tränen in den Augen. Was für ein Erlebnis

  4. Fred Fuhrmann

    Super Fahrt !! Sie erinnert mich an meine Fahrt mit den Pfadfindern im VW-Bus vor 59 Jahren durch den Balkan bis nach Ephesus und zurück.

    1. Wow das hört sich spannend an diese Tour vor so vielen Jahren gemacht zu haben. Respekt

  5. Klaus P. Nicklas

    Einfach schöön Deine Berichte zu lesen! 😃

    1. Danke macht auch Spaß zu schreiben 🙂