Noch mehr Türkei und bis nach Georgien

Ich erinnere mich noch genau, als ich, vielleicht etwas aus meiner Naivität heraus erkannt habe, dass die Türkei doch ein wirklich viel größeres Land ist, als ich es mir anfänglich ausgemalt hatte. Als ich in Antalya im Hostel saß und es mich innerlich an diesem Ort gehalten hat, da ich einen Heidenrespekt vor den noch weiteren 2000 km+ Türkei, die noch vor mir lagen, hatte. Dass ich an den Folgetagen nach meinem Stop in Kapadokien immer wieder mit dem verlockenden Gedanken gespielt habe, nicht doch in diesen Expresszug bis nach Kars zu springen, um mir ein paar Meter Osttürkei zu sparen.

Doch ich erinnere mich auch daran, dass ich vor ein paar Tagen an einem See auf 2015 m Höhe, ca. 30km vor der Grenze vor Georgien saß und ich für mich erkannt habe, dass ich diese Strecke und Zeit anhand seiner Vielfältigkeit, der Begegnungen mit Einheimische und anderen Radreisenden aber auch durch dessen unterschiedlichsten Herausforderungen und Genussmomenten, nicht missen möchte. Und ich traue es mich auch, es zuzugeben, dass ich merke, dass in mir ein ehrfürchtiger Stolz aufkommt, dass ich es geschafft habe mit dem Bock von Darmstadt bis nach Georgien zu fahren. So waren es ca. 6500 km und 80.000 hm, die mich von meiner Haustür bis zu meinem Zielland Georgien gebracht haben.

Doch an diesem Punkt möchte ich die letzten Wochen der Türkei noch einmal revue passieren lassen. Eins vorweg: Nachfolgend wird ein ganz bestimmt unvollständiger Bericht durch die Türkei zu lesen sein. 🙂

Ich verließ also Kapadokein, ein Ort an dem ich eine schöne Zeit hatte und neben bekannten Gesichtern auch weitere nette Bekanntschaften machen durfte.

Es wollte sich nach den 3 Tagen Pause nicht so recht einrollen. Dies lag aber auch ein wenig daran, dass ich meine Route für diesen Tag mit vielen Highway Kilometern geplant hatte. Das dauerhafte Vorbeiballern der Trucks und das ständige Slalomfahren durch das Glasscherbenmeer, der heimlichen Biertrinkern in der Türkei, nehmen einem die Möglichkeit die Landschaft zu genießen und den Spaß, für den ich das eigentlich mache, aufkommen zu lassen. Stattdessen schiebe ich mich und mein Rad, mit einem hohen Druck auf den Pedalen, fliegend über den Asphalt, bis zum nächsten Stop. Ich entschloss an diesem Tag diese Straßen, auch wenn es nicht immer leicht ist, für die Zukunft noch mehr zu meiden, um präventiv meiner dadurch aufkommenden schlechten Laune entgegenzuwirken.

So habe ich ab Nachmittag, gestresst vom Tag, nach einer Unterkunft gesucht. Online habe ich den Kontakt zu Ali gefunden, ein weltoffener Türke, der in seinem großen Garten einen Container zu einer kleinen aber gemütlichen Unterkunft umgebaut hat. Er antwortete schnell und ich schob mich aus der nahe liegenden Stadt nochmal einige Meter den Berg hoch, um dort anzukommen. Eine goldrichtige Entscheidung, die mich schon am Abend mit dem Gedanken einschlafen ließ, ob ich nicht sogar eine zweite Nacht bleiben solle, um nicht am nächsten Morgen, diesen schöne Ort wieder verlassen zu müssen.

Als ich am nächsten Morgen, mit irgendeiner allergischen Reaktion, die ich seit 2 Tagen in mir hatte aufwachte, war die Entscheidung dann also einfach: Noch eine Nacht. Ich möchte mir einen Wohlfühltag machen.

Also viele Kaffee und einfache Dinge am Morgen. Einen kleinen Grill konnte ich für den Abend organisieren. In der Stadt bei einem Kaffee und einem Snack überlegte ich, was ich auf den Grill hauen könnte. Ich richtete mich an den Inhaber des Cafés. Ich wollte ihn nur fragen, ob er weiß, wo der nächste Metzger sei. Seine Rückfrage war, was ich denn brauche. Als ich sagte irgendwas für den Grill zum Beispiel Lammkoteletts, griff er zum Telefon und rief jemanden an. Mit Google Translate fragte er mich, ob ein Kilo genug sei. Mit großen Augen, sagte ich „nur für mich, bitte viel weniger“. Er legte auf und sagte mir, ”ES(?) dauert kurz”, ob ich einen Tee wolle und wir überbrücken die Wartezeit mit ein bisschen Konversation über Google Translate, über Historie der Stadt und meine Radreise. Nach 10 Minuten deutet er mir an, dass wir jetzt gehen. Ich mache es kurz: Er fuhr mich durch die halbe Stadt zu einem Metzger, wo die Lammkoteletts schon bereitlagen zum Marinieren. Işhan hat diese bezahlt, ohne dass ich auch nur im Entferntesten die Möglichkeit hatte, selbst zu zahlen. Anschließend fuhr er mich noch bis in mein Dorf zurück, von dem ich am Mittag mit dem Bus in die Stadt gefahren war. Wie kann man sich für so etwas, außer mit seinen aufrichtigen Worten der Wertschätzung dankbar zeigen? Ich ließ ihn wissen, dass genau diese kleinen Erfahrungen meine Reise zu etwas ganz besondere machen und er einen großen Teil zu meinem gelingenden Abend beigetragen habe.

Und so kam es: In diesem schönen Garten, neben dem Container, machte ich mir mit einem riesigen Salat und den wirklich leckereren Lammkoteletts, dessen Reste ich mit einer Katze teilte, meinen Wohlfühlabend. Allem in allem ein Abend der mir so guttat. Als ich dort so saß, wurde mir klar was mir in den vergangenen Wochen gefehlt hat: Zeit für mich, in der ich mich etwas entfalten kann. Das mag seltsam klingen, weil ich ja so viel Zeit alleine bin. Doch an einem Ort zu sein, an dem ich alleine bin, wo ich auf keinen Rücksicht nehmen muss, meine Sachen liegen lassen kann und mich ausbreiten kann, so wie man es Zuhause in seiner Küche und Wohnzimmer macht, hatte ich seit Wochen nicht und dabei genieße ich das so sehr, mir alleine eine gute Zeit zu bereiten.

Am nächsten Morgen rollte ich eine neue türkische Welt, die sich in Natur und in der sehr spärlichen Zivilisation, zu der mir bisher bekannten Türkei unterschied. Die Landschaft öffnete sich gefühlt ins Unendliche und es reichte in alle Himmelsrichtungen gefühlt endlose Weite. Manchmal mit grünen Hügeln, manchmal auch nur in nicht enden wollender Steppe.

Die Dörfer, die Rory, ein radreisender Engländer (der Erste von zwei…) den ich aufgabelte und wir gemeinsam 3 Tage und Nächte verbrachte, waren sehr simple und boten meist nicht mehr als eine Wasserquelle oder einen mini Laden in dem es Schokoriegel und Limonaden gab. Mit anderen Worten, ich musste mich in meiner Organisation und Beschaffung von Essen und Trinken schlagartig umstellen. Eine Möglichkeit eines Restaurants oder vergleichbares gab es auf der von mir gewählten Strecke durch den Osten teilweise für hunderte Kilometer nicht.

Die Abwesenheit von Zivilisation machte das Durchrollen des Landes zu einem besonderen Erleben. Weil es eben so viel, nahezu unberührte Natur zu sehen gab.

Die drei Rolltage, die ich mit Rory verbracht habe, haben uns durch Berge, Täler und Steppen getrieben. Der Gedanke doch auf den meist nicht so fernen Zug, welcher mich einmal am Tag nach Kars bringen könnte, zu springen kam mir immer mal wieder in den Kopf. Doch diese Natur, von welcher ich noch mehr sehen wollte, lies mich nicht los und ich entschied mich immer für einen weitern Tag, mit eigener Kraft für zwei Rädern gen Osten zu drücken.

Unser gemütliches Zweizeltcamp haben wir an wirklich tollen Orten aufgebaut.

Einen wunderbaren Ort, in einem Canyon mit einem großen Fluss, in dem wir am Abend noch schwimmen waren und auch Wäsche waschen konnten, haben wir auch an unserem letzten gemeinsamen Abend gefunden. Es war schon fast paradiesisch.

Bevor es ins Zelt ging, nochmal kurz mit dem raren Internet die Wettervorhersage geprüft: Alles tibbitop, warm, 0% Regen.

Also das Überzelt für diese Nacht weggelassen. Inmitten der Nacht wurde ich durch einen stärker werdenden Wind wach. Kurzer Hand entschloss ich Rory zu wecken, dass wir doch besser unsere Überzelte drüber ziehen. Und es war die richtige Entscheidung. Der kam ein übler Sturm auf, der durch den Canyon immer wieder in wechselnden Richtungen kanalisiert wurde. Als dann noch starker Regen dazukam und dieser Sturm in mitten der Berge, weit weg von Zivilisation, immer heftiger wurde, musste ich meine Comfort-Zone in dieser Nacht doch recht weit verlassen. Diese schlafarme Nacht beeinflusste meine Schlafplatzsuche der kommenden Tage, in denen ich wieder alleine unterwegs war maßgeblich. Ich wollte nicht mehr mitten in den Bergen bei solch einem Wetter alleine sein. Die dauerhaften Warnungen der Einheimischen vor den giftigen Bergschlangen und Skorpionen waren für mein Gemüt ausreichend und so sollte es für die kommenden Nächte eine etwas sicherheitsstiftendere Umgebung sein.

So landete ich beispielsweise an einem sehr verregneten Tag im Garten des Cafés von Sergal, welcher mich mit Sandwich, viel Çay und guten Google-Translate Unterhaltungen unter all den türkischen Männern in seinem Café heimisch hat fühlen lassen.

Oder auf einem Sofa eines Restaurantbetreibers, der mich keine 10 Sätze lang kannte und mich in seine Wohnung fuhr mich dort übernachten ließ. Einzig, dass mitten in der Nacht 2 Männer vor mir standen, einer mit Taschenlampe der andere mit Handy, auf dem dem ein aktiver Videoanruf lief, in dem mir der Wohnungsbesitzer, welcher die Nacht über selbst nicht auftauchte, sagte „everything is ok… good night“, gab dieser Übernachtung einen seltsamsten Touch. Die beiden Männer schliefen dann im benachbarten Raum. Ich haute morgens früh früh ab, und habe keinen der Männer dann nochmal gesehen. War also alles gut aber irgendwie seltsam.

Oder in einer Lehrerunterkunft, welche von ihrer Aufmachung etwas einer deutschen Jugendherberge ähnelte und wirklich günstig ist. Eine wirklich gute Nacht hatte ich im Universitätshotel in Erzurum in der Atatürk Universität, wo ich wegen eines Platten das Hotelzimmer als Fahrradwerkstadt missbraucht habe und unter der Dusche gemeinsam mit meinem Vorderrad bestimmt eine halbe Stunde das mini Loch im Mantel gesucht habe. Neben der riesigen Universität, ist Enzurum auch für seinen Cağ kebabı bekannt, mit welchem ich mich an diesem Abend nahezu zum Explodieren gebracht habe. Zur Erklärung: Cağ kebabı funktioniert so, dass man sich an den Tisch setzt und man einen Teller, Brot, und andere Beilagen bekommt. Es läuft ständig jemand herum und bietet einem frisch gebratene Lammspieße an, bis man sagt, dass man genug hat. Die leeren Spieße, welche am Platz gesammelt werden, werden am Ende gezählt und entsprechend bezahlt. Mein gieriger ausgelaugter Radlerkörper konnte erst nach dem sechsten Spies ein „nein“ über dessen Lippen formulieren. Es tat schon weh… aber es war auch verdammt lecker.

Nachdem ich dann nur noch ein paar Tagesritte von Kars (mögliche Endstation mit dem Zug) entfernt war, entschloss ich mich den „Zuggedanken“ aus meinem Kopf zu löschen und die Sache durchzuziehen. Denn schließlich hat es mein Stolz auch ein wenig von mir verlangt, den Weg bis nach Georgien wirklich selbst zu rollen.

Kars immer näher kommend, habe ich am letzten Tag auf dem Weg nach Kars Jack (Engländer Nummer zwei) kennengelernt, mit welchem ich bei stürmigstem Wetter das Einlaufen nach Kars und zwei Nächte in einem AirBnB geteilt habe. Nach einigen Tagen ohne Fahrpause hatten unsere Körper einen lässigen Tag mit viel viel leckerem Essen und ein paar Bier und Kaffee wohl wirklich verdient.

Kars war also meine letzte Stadt, welche ich in der Türkei befahren sollte. Gemeinsam Rollten Jack, der noch einen viel weitern Weg in Richtung Osten dieses Planeten vor sich hatte und ich aus der Stadt, um eine letzte Nacht in der Türkei an dem bereits erwähnten Bergsee auf über 2000m Höhe und kurz vor der Grenze Georgiens zu verbringen. Wir fanden einen wunderschönen Platz, an dem wir unsere Zelte aufbauten. Bereits als wir früh an diesem Abend in unseren Zelten verschwanden, aber noch viel mehr am nächsten Morgen, spürte ich für mich die Aufregung in mir, dass diese verdammte Grenze von Georgien nun wirklich vor mir liegt. Diese Momente in denen ich tief Luft holen musste, dass sie mich nicht übermannten kamen in immer kürzeren Abständen.

Dann kam der Tag und wir rollten früh am Morgen los. Nach keinen 3 km entlang des Sees, tat es einen Schlag BOOOOM und ich haute mir aus Unaufmerksamkeit ein großes Loch in meinen Mantel inkl. Durchschlag an der Mantelwand direkt an der Felge. EsWeil alles länger dauerte, habe ich Jack losgeschickt, da er eine längere Strecke vor sich hatte an diesem Tag. Ich nahm es als kleine Schicksalsnummer, dass dies nun ausgerechnet kurz vor der Grenze passiert.

Ich musste dann als letzte Konsequenz, unter Beobachtung der halben Siedlung, einen Schlauch in mein bisher noch tubeless Mantel ziehen, da ich den Mantel einfach nicht dicht bekommen habe.

Doch dann wirklich: Ab nach Georgien.

Doch dann wurde also vorderrädig beschlaucht weitergefahren. Das erste Schild, auf dem Gürcistan (türkisch für Georgien) ausgeschildert war, kam in Sicht und nach einigen weiteren Kilometern sah ich den kleinen, nicht sonderlich frequentierten Grenzübergang nach Georgien.

Doch bevor ich über das für mich neue Land Georgien schreibe und was sich bereits nach Grenzübertritt schlagartig geändert hat, möchte ich gerne erst noch mit der Türkei abschließen.

Mein Rückblick auf die Türkei

In meinen nun fast fünf Wochen der Reise durch die Türkei, habe ich die unterschiedlichsten Menschen auf dem Land, in Städten oder was es dazwischen noch gibt, kennen gelernt. Großen Abstand möchte ich davon nehmen, die türkische Gesellschaft verstanden zu haben. Doch durch die unterschiedlichsten Situationen, in denen ich gelandet bin, glaube ich einen guten, kleinen Eindruck der Mentalität oder auch der verschiedenen Mentalitäten, der in der Türkei lebenden Menschen erlebt zu haben.

In den allermeisten Fällen wurde ich sehr gastfreundlich und respektvoll empfangen und behandelt. Dies hat das Reisen in der Türkei sehr angenehm interessant und bereichernd gestaltet. Mein Eindruck ist es, dass durch gesellschaftlichen und/oder auch religiösen Druck beziehungsweise Erwartungshaltung, die Menschen in der Türkei immer den Zwang verspüren, ein sehr sauberes und korrektes Auftreten der Außenwelt darbieten zu müssen. Dies resultiert leider hin und wieder in Widersprüchen und Unaufrichtigkeiten. Ein einfaches aber gutes Beispiel hierfür ist es, dass ich nie von einer türkischen Person auf eine Frage hin, die Antwort erhalten habe, dass sie die Antwort nicht wüssten und ich ggf. jemand anderen fragen sollte. Stattdessen bekam ich wirklich immer eine vermeintlich hilfreiche Antwort, auch wenn sich im Nachhinein rausstellte, dass die Person einfach keine Ahnung hatte. Die positive Seite an dieser Sache ist es aber, dass ich immer das Gefühl hatte, dass mir wirklich geholfen werden wollte. Denn des Öfteren war ich auf gut gemeinte Hilfe angewiesen.

Immer wieder war ich beeindruckt, wie einfach es oft war auf die Menschen zuzugehen und diese mir sich meist sehr schnell geöffnet haben. So oft habe ich ein enormes Vertrauen entgegengebracht bekommen, ohne dass die Menschen mich wirklich kannten. Ich habe versucht nachzufragen, warum sie dies nun machen. Meist ging die Antwort in die Richtung, dass sie Türken seien und diese eben so sind.

So gehört es auch dazu, dass Menschen einfach auf der Straße vor mir anhalten, um mir Essen zu geben, mir alles Gute zu wünschten und weiterfuhren. Rückblickend bin ich sehr froh, dass ich mit der türkischen Gesellschaft so intensiv in Verbindung treten konnte und diese auch Kontakt zu mir aufgenommen haben.

Doch genauso gab es auch die Momente, welche ich nicht als positiv bezeichnen würde. Das mag sehr unfreundlich und nicht wertschätzend klingen, aber es gab Momente, in denen mir es zu viel geworden ist und ich die wahrscheinlich lieb gemeinten Kontaktaufnahme versuchte einfach zu ignorieren. So fühlte ich mich in einigen Situationen auf die reine Attraktion reduziert, nicht berücksichtigend, dass hinter dem salzig und komisch riechenden Radreisenden auch eine Person zu stehen scheint, die während sie genervt sein Hinterrad flickt, gerade nicht in der Laune ist Selfies mit einer wilden Meute zu machen oder Instagram-Profile auszutauschen.

Besonders Kontakte mit Männern der älteren Generation waren oft sehr nett und respektvoll. Oftmals stand mein Rad im Mittelpunkt der „Unterhaltung“. Meine technische Kompetenz scheint das nicht zu begreifen, jedoch scheint eine Begutachtung und Bewertung meines Fahrrades maßgeblich an dem prüfenden Griff an den Reifen, um dessen Druck einzuschätzen durchzuführen zu sein. Dies ergibt meine empirische Auswertung der Begutachungsmethoden. Da diese jedoch oft mit einem zustimmenden Kopfnicken abgeschlossen wurden, interpretierte ich die Begutachtung als bestanden und fuhr anschließend guten Gewissens weiter.

Auf den Straßen unterwegs, bin ich immer wieder in Straßenkontrollen geraten. Diese sahen meist so aus, dass ein paar Polizisten eine Straßensperre aufgebaut hatten und eigentlich jedes Auto und dessen Insassen geprüft haben. Je weiter im Osten, desto größer wurde zusätzlich auch das militärische Aufgebot, bis hin zu auf die Straße gerichteten Stand-MGs hinter schussfesten mobilen Mauern und Panzern, die am Straßenrand umzingelt von Soldaten standen. Meine Durchfahrt wurde immer sehr nett ohne jegliche Kontrollen gewährt.

Immer Gegenwärtig und in den Städten zu sehen, ist die Türkische Flagge und ein Portrait von Mustafa Kemal Atatürk. Diese Reise hat mich die Unterschiede und die Facetten von Nationalstolz geleert. Besonders wir als deutsche tun uns mit Nationalstolz sehr schwer. Ich habe mich immer gefragt, ob das gut oder schlecht ist. Doch ich habe für mich eine Antwort gefunden. Denn ich habe vermehrt erfahren, dass Nationalstolz auch immer einen nicht zu kleinen Aspekt der Exklusion anderer Nationen hat. Ob das Einführen von Grenzen sinnvoll, was diesen Gedanken von Nationalstolz überhaupt erst ermöglicht, ist es in dieser Überlegung erst einmal außenvor. Was ich bestimmt nicht zum ersten mal sage, aber nun hier schreibe ist, dass es ein sehr wertvolles Erlebnis ist, sich selbst einmal in einem anderen Land als Ausländer zu fühlen, da man in solchen Momenten ganz andere und neue Perspektiven erhalten kann.

Auch in der Türkei ist es sehr üblich, dass die Menschen mir zujubeln oder mir zu verstehen geben, dass sie beeindruckt sind, dass ich mit dem Fahrrad hier rumfahre. Eine Geste, die ich sehr mag und die Türken sehr oft ausführen, versuche ich im Folgenden zu beschreiben: Hebe deine rechte Hand mit der Handfläche nach oben, etwas über Schulterhöhe vor deinen Körper und fange mit den Fingern eine Bewegung an auszuführen, als würdest du kräftig und schnell den Bauch deines Hundes kraulen wollen. Unterstützend wirkt ein zu einem O geformter Mund und etwas fragwürdig, zusammengekniffene Augen. Das motiviert wirklich und hat mir sehr oft ein dankbares Lachen ins Gesicht gemalt.

Hier nochmal ein kleiner Überblick über die sich verändernde Landschaft in diesem spannenden Land Türkei:

So, das Kapitel Türkei ist nun also geschlossen und ich sitze gerade in Tiflis und gönne mir ein paar Tage Auszeit in einer Stadt, die mich wirklich beeindruckt. Mein Plan für Georgien muss noch etwas ausgeschmückt werden. Berge, Wein, Land, Leute…

Aber ich werde wohl 3-4 Wochen in diesem Land bleiben wollen, bevor ich und ich hoffe das haut hin, das Land über den Wasserweg mit einer Fähre nach Bulgarien verlasse. Oder anders ausgedrückt: Ich werde dann meinen Rückweg antreten/anrollen. Doch es sind hauptsächlich gute Dinge, die Zuhause auf mich warten und ich freue mich darauf.

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Kommentare

7 Antworten zu „Noch mehr Türkei und bis nach Georgien“

  1. Hoddi

    Ich sage nur
    Hammer👍👍👏

  2. […] andere Rolltag meiner Reise. Auch wenn dieser Tag landschaftlich wirklich schön angefangen hat (lies hier doch mal nach) und dann auch direkt mit einem Platten begonnen hat. Ohne dass der Gedanke in den vergangenen 3 […]

  3. Dabbsch

    Haha, Deine Beschreibungen vom Fahrradreifendruck-Check und die Hundebauch-Jubel-Geste fand ich lustig – auch vom Humor her!

  4. Sabine

    Herzlichen Glückwunsch, dass du jetzt in Tblissi angekommen bist und der Versuchung widerstanden hast, den Zug zu nehmen. Du bist ja überwiegend mit Männern in der Türkei in Kontakt gekommen. Ist die Dominanz des männlichen im Straßenbild sehr stark? Als Frau wird es mir sicherlich nicht so leicht fallen, in Kontakt zu kommen.
    Ich bin gespannt, was du in Georgien erlebst. Die Rückfahrt mit dem Schiff von Batumi nach Burgas plane ich auch.
    Schöne Grüße
    Sabine

    1. Ja es sind hauptsächlich Männer auf der Straße und in den Cafés. Um so ländlicher desto schwerer ist es auch für mich als Mann mit Frauen in Kontakt zu treten, bzw. Habe ich gemerkt das es nicht korrekt gewesen wäre den direkten Kontakt mit Frauen zu suchen, in einigen Situationen. Aber auch das soll bitte nicht als Verallgemeinerung verstanden werden, da ich genauso das Gegenteil kennengelernt habe.

  5. Martina Hagemann

    Was für eine super tolle Leistung mit unendlich vielen Ereignissen. Komme gut wieder nach Hause .

    1. Ja besonders die Vielzahl an Eindrücke macht es so besonders. Gefühlt ist es nur ein kleiner Bruchteil den ich hier mit euch teilen kann